40. Ötztaler Radmarathon 2021 – Ein Augenzeugenbericht (Hermann David)

Am 29.08.2021 fand die 40. Auflage des ÖRM in Sölden statt.

Vor dem Rennen:
Gerhard Niedermayer und ich hatten einen Startplatz ergattert und so machten wir uns gemeinsam mit unseren Ehefrauen am Freitag auf nach Sölden um dieses traditionsreiche Rennen zu bestreiten.
Für mich war es die 3., für Gerhard die bereits 5. Teilnahme. Wir wussten somit was uns erwartet, aber trotzdem war dieses Mal auch für uns einiges neu und ungewiss weil:
• die Wettervorhersage insbesondere für den Renntag sehr schlecht war (Regen, Schneefallgrenze ab 1800m)
• es aufgrund eines massiven Felssturzes auf der Originalauffahrt auf das Kühtai kurzfristig zu einer Streckenänderung kam, mit der Folge, dass ca. 10 km und 250 HM mehr zu bewältigen waren (zusätzlich ist die Auffahrt über den „Haiminger Berg“ unangenehmer weil steiler als die Originalauffahrt von Oetz aus)
• coronabedingt diverse Vorgaben einzuhalten waren (z. B. waren bei den Labestationen die Räder abzustellen, es herrschte Einbahnregelung und Maskenpflicht!)

Das Rennen:
Vollbepackt wie ein Maulesel (Wechselwäsche, Proviant) und ohne Hektik reihten wir uns, unmittelbar vor dem vorverlegten Starttermin um 06:30 (Streckenänderung) bei trockenen Verhältnissen und mit 6 Grad um einiges wärmer als vorhergesagt, ganz hinten ein. Nach kurzer Verzögerung – die Luftwirbel der Hubschrauber haben den Startbogen absinken lassen – geht es unmittelbar nach der Startlinie gemeinsam mit „nur“ 2618 Männer und 134 Frauen flott talauswärts – fast schon traditionsgemäß haben sich einige ihrer fahrbaren Untersätze entledigt – vorbei an der Originalauffahrt auf das Kühtai in Oetz ins Inntal und über den „Haiminger Berg“ hinauf auf das Kühtai. Am Anstieg war ich eine Spur schneller als die Fahrer(innen) in meiner unmittelbaren Umgebung und konnte etliche (vier- fünfhundert werden‘s schon gewesen sein) überholen. Aufgrund der engen Straße und der Vielzahl an Fahrer(innen) war diese Auffahrt aber sehr unrhythmisch und „a zache Gschicht“.
Vom Kühtai (noch immer trocken, windstill) geht es in einer rasanten Abfahrt – Gerhard hat die „Hundert“ knapp nicht erreicht, schuld war die Jacke – zurück ins Inntal und bei gutem Wind weiter nach Innsbruck. Dort beginnt die lange Auffahrt auf den Brenner und trotz fast idealer Voraussetzungen einer zügig fahrenden großen Gruppe war schon jetzt für mich klar: das wird heut nix! Auch ein Energieschub oben am Brenner (Cola, Riegel, Gels) änderte wenig. Nach der Abfahrt vom Brenner geht es über Sterzing zum Jaufenpass und es wiederholte sich das Prozedere vom „Haiminger Berg“ nur mit umgekehrten Vorzeichen. Jetzt waren die anderen in meiner unmittelbaren Umgebung Fahrenden etwas schneller als ich und Unzählige strampelten an mir vorbei. Etwas unterhalb der Passhöhe ist eine Labe und entgegen meines Vorsatzes ohne „Boxenstopp“ durchzufahren (deshalb der Maulesel) versuchte ich mit Käse-, Wurstbrot und einem ausgezeichneten Mohnkuchen den durch die Riegel und Gels etwas angeschlagenen Magen zu beruhigen. Nach Überwindung der letzten Höhenmeter geht es vom Jaufenpass (trocken, tlw. sonnig) in einer technisch anspruchsvollen Abfahrt nach St. Leonhard (sonnig, 20 Grad).
Mit der unmittelbar folgenden Auffahrt auf das Timmelsjoch beginnt das Rennen nach ca. 180 km und 3800 HM quasi neu. Im moderatem Tempo streute ich nach 20 km und 1000 HM den nächsten „Boxenstopp“ ein und kostete mich durch die Speisen und Getränke bei der Labe durch. Wäre es dann nicht doch etwas frisch geworden – die Sonne hat sich verabschiedet – ich wäre noch einige Zeit auf der gemütlichen Heurigenbank samt Tisch sitzen geblieben. Nach Überwindung der restlichen 9 km und 730 HM erreichte ich, begleitet von einem Regenschauer, die Passhöhe. Nach Durchfahrt des 1 km langen Tunnels am Scheitel wurden wir auf österreichischer Seite von leichtem Schneefall empfangen. Die folgende nasse Abfahrt war aber nicht so schlimm (Maulesel), sie wird lediglich von einem völlig unnötigen und zu diesem Zeitpunkt des Rennens lästigen Gegenanstieg unterbrochen, ehe es ab der Mautstelle die letzten 25 km bergab zurück nach Sölden geht. Unmittelbar vor Sölden ist noch ein kleiner Schupfer, der ist jetzt aber auch schon wurscht, und dann war das Ziel in Sölden nach rd. 240 km und ca. 5.700 HM bei Regen und herbstlichen 8 Grad nach 11:23 Stunden – somit 1:40 Stunden später als bei meinem letzten Antreten und zum Leidwesen meiner Frau, welche fröstelnd im Ziel wartete – erreicht. Erster Gedanke nach Überquerung der Ziellinie: endlich ist es vorbei, nie wieder! Gerhard (10:46 Stunden) hat sein Vorhaben durchgezogen und ist, bis auf kurze Anhalte zum Wassernachfüllen, durchgefahren. Insgesamt 2261 Finisher haben das Ziel in der vorgegebenen Zeit erreicht, der Rest wurden vom „Besenwagen“ eingesammelt.

Fazit:
All jenen, welche die Umstände (weite Anreise, stolzes Nenngeld, Nächtigung, …) auf sich nehmen, dafür aber ein perfekt organisiertes Rennen und das unvergleichliche Flair das der ÖRM ausstrahlt erleben wollen, kann ich, entsprechende Vorbereitung vorausgesetzt, den Ötztaler Radmarathon empfehlen. Für mich war der diesjährige ÖRM aller Voraussicht nach, auch mit etwas Abstand, der Letzte.

Euer, Hermann David

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